01.07.2006 | |||
Lebenslanger Tribut für kurzen Ruhm
Christian Resch
Heute sieht der sympathische junge Mann mit dem gutmütigen Lächeln vieles anders. Könnte Peter Hiesinger (26) noch einmal von vorn beginnen, er würde kein desinfiziertes Öl mehr in seine Muskeln spritzen, um noch beeindruckendere Oberarme zu bekommen.
"Aber ich war jung und hatte zu wenig Selbstwertgefühl von Zuhause mitbekommen. Also habe ich Muskeln aufgebaut, Anabolika genommen und mit dem Muskelöl angefangen." Dass das lebensgefährlich war, ist ihm heute klar. Eine späte Einsicht - Hiesinger wurde durch das giftige Öl schwer lungenkrank, kann kaum hundert Meter weit gehen und hatte einen leichten Schlaganfall. Aussicht auf Heilung hat er keine.
80 cm Umfang misst Hiesingers Oberarm, das ist Weltrekord. "Der Muskel ist von den Injektionen völlig vernarbt und verkapselt. Nicht einmal eine operative Verkleinerung ist möglich, ich könnte verbluten", sagt der Salzburger.
Die Konsequenzen für ihn sind fatal: Er musste seinen Beruf aufgeben und findet nun keine Arbeit mehr. Labile Gesundheit und Aussehen schrecken viele Arbeitgeber ab. Seine Sucht nach Anabolika verschlingt große Summen.
Dennoch sieht sich der Kraftsportler nicht als Opfer von Dopingdealern und zwielichtigen Pharmafirmen. "Bis zu einem gewissen Grad muss jeder Erwachsene seine Entscheidungen selbst verantworten", lautet seine Devise. Wichtig sei nur, Kraftsportfreunde zu warnen und vom Missbrauch des eigenen Körpers abzuhalten.
Dennoch: In Österreich sei es kinderleicht, Dopingmittel zu erhalten, über Freunde oder das Internet. "Kontrollen gibt es praktisch keine, die Polizei ist chancenlos", glaubt Hiesinger. Und das, obwohl er keinen einzigen Leistungskraftsportler kenne, der nicht zur Chemie greife.
Ins selbe Horn stößt auch SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier: Er meint, dass nationale und internationale Kontrollen bei Dopingmitteln völlig versagen würden. "Dabei sprechen wir hier von Arzneimitteln, die über keine Zulassung verfügen. Sie sind somit illegal." Die Chemie würde meist aus Osteuropa, China oder den USA importiert und über Briefkastenfirmen vertrieben.
"Das Problem ist, dass der Besitz allein nicht strafbar ist. Die Behörden müssen nachweisen, dass der Eigentümer sich dopen wollte - also bei Wettkämpfen betrügen." In der Vergangenheit sei es österreichweit nur zu wenigen Hausdurchsuchungen durch Beamte des Innenministeriums bei Verdächtigen gekommen; eingeleitete Strafverfahren habe man größtenteils einstellen müssen, sagt Maier.
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